Osteopathie - Behandlung des Gehirns
Fotoquelle: Bruno Chikly MD, DO ist Absolvent der Medizinischen Fakultät des Saint Antoine Krankenhauses in Frankreich

 Interview mit Bruno Chikly: Osteopathie Schule Deutschland OSD

 

Bruno Chikly, MD, DO ist Absolvent der Medizinischen Fakultät des Saint Antoine

 Krankenhauses in Frankreich. Dr. Chikly ist ein Mitglied der International Society of

 Lymphology (Internationale Gesellschaft für Lymphologie, ISL) und ein

 außerordentliches Mitglied der AAO und der Cranial Academy. Er ist

 außerordentlicher Professor des Union Institutes und des University Graduate

 Colleges (Univercity of Ohio) und ein international Dozent und Autor. 

 

 

Aus welchem Grund hältst Du die Behandlung des Gehirns für notwendig? 

 

Ich verstehe Deine Frage, traditionell behandeln wir in der Osteopathie den Schädel, die Knochen und Membranen sowie Fluide, jedoch nicht spezifisch das Gehirn. Obwohl wir uns erinnern, dass A.T. Still den gesamten Körper behandeln wollte. Er begeisterte sich für jedes Gewebe, jeden Teil des Körpers bis zum Schmalz in unseren Ohren. Wir erinnern uns auch, dass W.G. Sutherland über die Motilität des Neuralrohrs sprach, über die inhärente rhythmische Bewegung des Gehirns und Rückenmarks als einem von fünf grundlegenden Teilen der Primären Respiration.

 

Daher wurde geschichtlich gesehen das Gehirn nicht eingehend behandelt und gewöhnlich machen sich Osteopathen kein Begriff davon, wie elementar, wie viele Schlüsselläsionen sich im ZNS befinden. Oder sie kennen die Arbeit, die in diesem Bereich gemacht wird, einfach nicht.

 

Kannst Du ein Beispiel geben?

 

Intra- oder interzerebelläre Läsionen oder Läsionen des Hirnstamms sind zum Beispiel sehr häufig, vor allem nach Traumen, Verkehrsunfällen, Stürzen, Inhalationstraumen usw. ...

 

Rotation, Sidebending, Flexion, Translation dieser Strukturen führen zu einer Läsion oberhalb des Foramen magnum, die die Funktion des Rückenmarkes stört, am Kranialen und Spinalen zieht, die Aktivität des Autonomen Nerven Systems (ANS) verändert und über die Endrezeptoren dieser Nerven die gesamten Faszien in der Peripherie beeinträchtigt.

 

Diese Situationen führen oft zu typischen zervikalen Läsionen, die selbst nach wiederholten Behandlungen nicht an einem Ort bleiben, Läsionen des Plexus brachialis, die die Schulter oder den Karpaltunnel beeinträchtigen und sehr häufig zu einem gehobenen Sakrum, das durch die Verbindung mit dem Filum terminale symmetrisch oder asymmetrisch zwischen den Ilia festgeklemmt ist.

 

Das Gehirn und das festgeklemmte Sakrum sind oft die Dinge, die gelockert werden müssen, um schwierige Fälle von Lumbago zu lösen. Die Antwort kommt sehr schnell und ich konnte vielen Patienten, die in den folgenden Tagen eine Kortikoid-Injektion oder eine Operation bekommen sollten, chirurgische Eingriffe ersparen.

 

Dies ist nur ein Beispiel für die Anwendung von Arbeit mit dem Gehirn. Es bestehen Wechselwirkungen zum ZNS jedoch im gesamten Körper. Ich denke es gibt ein riesiges faszinierendes Feld, das wir „Gehirn und Rückenmark im kranialen Feld“ oder „Neurosteopathie/Neuro-Osteopathie“ nennen könnten.

 

In diesem Kurrikulum arbeiten wir auf den fortgeschrittenen Ebenen mit dem Einfluss des ZNS auf periphere Gewebe, seiner Kontrolle von Faszien, Gelenkkapseln, viszeralen Funktionen, Fluiden usw.. Es hört sich vielleicht neu und faszinierend an, aber erinnern wir uns daran, was A.T. Still an zwei unterschiedlichen Stellen geschrieben hat: „Von allen Teilen des menschlichen Körpers, die gründlich untersucht werden sollten, sollte das Gehirn der reizvollste sein.

 

Wie bist Du dazu gekommen, diesen Ansatz zu entwickeln?

 

Du weisst, dass ich einen osteopathischen Ansatz für das lymphatische System entwickelt habe. Ich denke, ich bin vielleicht der Erste, der unterrichtet hat, wie man den spezifischen Rhythmus, die Richtung, Tiefe und Qualität des Lymphflusses in Übereinstimmung mit wissen-schaftlichen Erkenntnissen palpiert. Ein bisschen weiter, und wir unterrichten wie man hochspezifisch den kranialen Fluss palpieren kann.

 

Ich begann, diese lymphatischen Prinzipien auf das Periost anzuwenden, auf die inneren Organe, dann natürlich auf die Dura und Pia mater, die Lymphflüssigkeit enthalten. Danach begannen wir mit anderen Flüssigkeiten (zerebrale Interstitialflüssigkeit, zerebrospinale Flüssigkeit usw. ...), dann mit den Nuclei grisei, der weißen Substanz des Kortex und wir konnten nicht anhalten, es ist eine fantastische Reise.

 

Wie schwierig ist es für Dich, durch die Schädelknochen hindurch zu palpieren und Kontakt mit Hirngewebe aufzunehmen?

 

Das kommt darauf an, ob man Osteopathen oder Wissenschaftler, die nie die Palpation geübt haben, ausbilden wollen. Natürlich habe ich mir diese Fragen zunächst gestellt, wie es sein kann, dass wir durch die Schädelknochen hindurch manchmal so massive Effekte auf das Parenchym des Gehirns haben. Für einen ausgebildeten Wissenschaftler, wenn wir versuchen, absolut objektiv zu bleiben, macht das zunächst keinen Sinn. Ich habe weiter gemacht, weil wir so bedeutende Effekte auf Patienten hatten. Ich konnte bei Fällen helfen, von denen ich vorher nie geträumt hätte. Ich

schaute mit MRT Bilder vorher und nachher an, um etwas Objektivität zu bekommen. Wir können manchmal sehen wie das Zerebrum, Zerebellum, der Hirnstamm zurück an einem völlig anderem Punkt stehen nach der Behandlung.

 

Ich denke, wir haben einfach noch kein wissenschaftliches Modell, um das zu erklären. Wir wissen, dass wir das mechanische Newtonsche Modell des „Körpers als Maschine“ komplett loswerden müssen, um zu erklären was wir in der Osteopathie tun. Wir müssen völlig neue Konzepte einführen, die ihren Platz in der Mainstream-Wissenschaft noch nicht gefunden haben wie Tensegrity, Quantum-Modell, Skalarwellen usw. ... weil etwas geschieht. 

 

Ich sage das nicht nur für mich, nach jedem Kurs sind Schüler, wenn sie den Ansatz begriffen haben, erstaunt, wie gut es funktioniert. Ich versuche nicht zu übertreiben, ich wusste selbst nicht, ob ich das unterrichten könnte. Und darum geht es mir. Manche Kurse sind großartig, aber die Leute wenden die Technik nie an oder sehen nicht die Anwendungsmöglichkeiten. Nach dem Gehirn-Kurs kommen viele Schüler nach Hause und sagen, ihre Arbeit ist nicht mehr die Selbe.

 

Ist dies ein eigenständiger Ansatz oder Teil einer osteopathischen Behandlung?

 

Nun, wir kennen das osteopathische Prinzip, dass der Körper eine dynamische Funktionseinheit ist. Wir verstehen das viel besser mit Tensegrity und

 

Quantenverschränkung. Kein Teil existiert unabhängig vom Ganzen. Normalerweise, wenn ein Teil des Körpers nicht richtig funktioniert, wird das gesamte System beeinträchtigt.  Deswegen wollte W.G. Sutherland kraniale Osteopathie als einen Teil der Osteopathie, und wir nennen sie Osteopathie im kranialen Bereich.

 

Die gleichen Prinzipien sind auf das Gehirn und das Rückenmark anwendbar, auf das ZNS und ANS. Manchmal befindet sich die Hauptläsion dort und man muss seine hoch-ausgebildeten, liebenden, heilenden Hände dort hinbringen, aber es ist ein Ganzes, im Konzept ein Ganzes und es ist Gesundheit. Ich gebe im Kurs einen einfach Ablaufplan mit einem Platzhalter für all die anderen Behandlungsmethoden die die Leute verwenden wenn es nötig ist, es kann mechanische Arbeit sein, funktionelle Osteopathie bis hin zu biodynamischer Arbeit.

 

Ich selbst versuche den/einen Schlüssel in dem Patienten zu finden. Er kann im Gehirn sein oder im Talus, in der Leber, es kann emotional sein oder sogar spirituell, im Bewusstsein. Wenn man den Schlüssel findet öffnen sich die Dinge normalerweise ganz von selbst und der Körper beginnt seinen eigenen selbstregulierenden und selbstheilenden Mechanismus. Nicht nötig zu ziehen oder zu drücken, gegen etwas anzugehen, aus Gnade nimmt man am Prozess des Lebens teil.

 

Mir ist einfach aufgefallen, dass Gehirngewebe sehr oft ein Schlüssel für osteopathische Läsionen ist und sehr oft auch ein Teil des Körpers, der in der

 traditionellen osteopathischen Ausbildung vernachlässigt wird und um noch einen draufzusetzen ein Bereich, dessen Erkundung und Arbeit faszinierend ist. Deshalb habe ich vor vielen Jahren begonnen, diesen Bereich zu unterrichten. 

 

Quelle:Das gesamte Interview auf www.osteopathie-schule.de